Schriftwechsel T. 2025
Wir machen weiter – mit dem Schriftwechsel – mit den Font-Designer*innen. Martin Tiefenthaler (tga) hat für uns kuratiert. Mit ihm haben wir nach Österreich geschaut.
Es stellen uns vor:
- Lisa Schultz die Familie Bajazzo (variable) und Bajazzo Rounded (static),
- Miriam Surányi den variablen Displayfont Margit (exklusive Vorabversion für das Forum Typografie),
- Franziska Weitgruber den variablen Font Nikolai.
Martin Tiefenthaler (Mag.): selbständiger Grafiker als ID IID IIIDesign, Mitbegründer der typographischen gesellschaft austria (tga); unterrichtete Typografie und Semiotik an der „die Graphische“ in Wien; Vorträge und Workshops zu soziopolitisch-typografischen Fragestellungen; 2017 Mitkurator von „Subtext Typedesign“ und Mitherausgeber des gleichnamigen Katalogs. Arbeitet zur Zeit an seiner Dissertation über den Einfluss der Wahlmöglichkeit, Wörter groß- oder kleinschreiben zu können, auf das europäische Denken. Mitglied der internationalen Forschungsgruppe „Lesbar – Typografie in der Wissensvermittlung“.
nebenbemerkungen des kurators 2025
martin tiefenthaler
vorweg: wir leben, was die qualität verfügbarer schriften betrifft, in der absolut besten zeit. „absolut“ meint, dass es noch nie eine zeit gegeben hat, in der schriften derartig herausragender qualität verfügbar waren. nach den mehr oder minder gelungenen versuchen im photosatz, bisher entwickelte bleisatzschriften zu kopieren oder weiterzuentwickeln, hat die digitale revolution der schriftgestaltung zwei ungemein breite und weite wege eröffnet: einerseits eine fülle von beeindruckenden experimenten, die unermesslichen formenreichtum und damit einhergehend überraschende manierismen der gestaltung und folglich des leseverhaltens provozierten und anderseits eine hochblüte klassischer schriftgestaltung, die einen jenson, garamond, bodoni oder baskerville in reines entzücken versetzt hätten. durch fortschrittliche technik unterstützt, hat eine mit großem historischem wissen und handwerklichem können ausgestattete, bislang nie dagewesene menge an gestalter·innen sich intensiv mit schriftdesign beschäftigt und eine unvergleichliche menge an qualität geschaffen. (dass damit einhergehend auch eine unzahl an schrott und defizienten entwürfen produziert wurde, braucht eine·n weder wundern noch beschäftigen.)
natürlich hat der alles verschlingende kapitalismus mit seinem permanenten anspruch, jedwede nennenswerte qualität zu verhindern, vom schriftmarkt besitz ergriffen und ihn monopolisiert. dem gegenüber steht eine aufrechte schar von gestalter·innen, die in kleinen foundries oder als einzelunternehmer·innen sich der sorgfältigen pflege der schriftkultur widmen, die gegenwärtige zeit zur bereits erwähnten absolut besten zeit machen und die jede mögliche art von unterstützung verdienen.
als solches ist das anliegen des forums typografie mit der unternehmung „schriftwechsel“ zu verstehen: hochstehendes schriftdesign zu präsentieren und damit zu einer größeren aufmerksamkeit zu verhelfen. ich wurde als vertreter der typographischen gesellschaft austria/tga vom forum typografie eingeladen, das jahr 2025 zu kuratieren und wir waren uns einig, dass es in bezug auf die wahrnehmung weiblicher beteiligung am historischen und gegenwärtigen schriftdesign von hoher qualität aufholbedarf gibt. die worte „qualität“ und „aufholbedarf“ erklären meine empfehlungen zur präsentation vorliegender schriften.
Aleksa
Zum Start der neuen Internetpräsenz im Sommer 2022 erwarben wir eine Lizenz des Fonts „Aleksa“, um damit unmittelbar ukrainische Schrift-Designer*innen zu unterstützen – in dem Fall die noch junge Schriftenschmiede AlfaBravo. Da unsere Solidaritätsbekundung weiter Bestand haben soll, wird auch Aleksa weiterhin anwendbar bleiben.
Das Konzept
„Schriftwechsel T.“ ist ein Feature von Forum Typografie. Schrift-Designer*innen leihen uns einen Webfont für ein Jahr. Wir präsentieren diesen auf unserer gesamten Webseite. Über ein eigenes Menü „Schriftwechsel T.“ (oben rechts auf jeder Seite) können die Fonts ausgewählt werden. Die Auswahl wird anschließend auf die gesamte Internetpräsenz angewendet.
Das „real life tool“ erlaubt Schrift-Designerinnen ihre Arbeit zu zeigen und gleichzeitig Designerinnen, Typografinnen Fonts zu beobachten, zu vergleichen. Auf einer eigenen Seite stellen die Schrift-Designer*innen sich selbst vor, bieten Hintergründe der Schrift-Entwicklung, Abbildungen zu Anwendungen. Nicht zuletzt ist die Foundry verlinkt.
Das Schriftenarchiv
Nach dem aktiven Jahr sind die Schriften natürlich nicht mehr anwendbar. Die Informationen über die Schriften – Kurzübersicht, Texte und Bilder – wechseln ins Schriftenarchiv und bleiben dort.